Montag, 8. August 2016

Über viel zu perfekte Liebesbeziehungen

Gestern schaute ich mir Smaragdgrün zum zweiten Mal im Kino an, weil meine kleine Schwester den Film auch unbedingt sehen wollte, nachdem sie alle Bücher gelesen hat. Natürlich merkt man dann, dass einem beim zweiten Kinobesuch noch mehr im Film auffällt. Gleichzeitig ist es aber auch etwas anderes mit der jüngeren Schwester als mit der besten Freundin ins Kino zu gehen, denn sie betrachtet die Geschichte von Gwendolyn und Gideon etwas anders. 
Auf dem Weg nach Hause meinte ich nämlich, dass ich den Film gar nicht so kitschig, sondern süß finde, woraufhin meine Schwester mich mit großen Augen anschaute und fast schockiert: "Findest du? Ich fand ihn total kitschig" antwortete. Und das obwohl in einer ihrer Disney-Lieblingsserien der Junge seine Freundin mit einer Ballonfahrt überrascht und bei dieser auf seiner Gitarre spielt und ihr irgendwelche Liebeslieder vorsingt. 
Sie interessiert sich bei Smaragdgrün mehr für das Zeitreisen an sich oder lacht über Charlottes Auftritt bei der grünen Party, als dass die Liebe von Gwen und Gideon bei ihr im Mittelpunkt steht.
Das gibt mir zwar zu denken, ändert jedoch nichts daran, dass ich die Liebesgeschichte der beiden als mehr als süß empfand. Und zuhause landete ich wenig später auf Youtube, um mir irgendwelche Clips zu Smaragdgrün anzuschauen. Das fing damit an, dass ich erst Musikvideos mit Clips aus den drei Rubinrot-Filmen anschaute und am Ende irgendwann beim französischen Trailer für Smaragdrgrün landete.
Nun aber zurück zum Thema. Nachdem ich mich wieder viel zu lange mit der Rubinrot-Reihe beschäftigt habe und erneut an die Worte meiner Schwester denken musste, begann ich mehr über die Liebe zwischen Gwen und Gideon nachzudenken. Was hat es damit auf sich, dass diese so sehr begeistert, dass Fans auf Youtube Videos zu den beiden mit Liebesliedern schneiden oder im Kino beim finalen Kuss unendliche Freude empfinden? 
Dabei sind die beiden nicht die Einzigen, die für so viel Furore sorgen, denn mittlerweile gehört eine gute Lovestory in fast jeden erfolgreichen Jugendroman und fängt manchmal sogar mehr Aufmerksamkeit ein, als sie sollte. Man denke dabei an "Die Tribute von Panem", wo sehr stark darüber diskutiert wurde, ob man nun Team Peeta oder Team Gale ist und das, obwohl es der Autorin mehr darum geht, unsere Gesellschaft zu kritisieren. 
Betrachtet man Liebesgeschichten in Büchern nun noch genauer, fällt auf, dass die Jungs fast immer perfekt sind. So auch Gideon, der im Film natürlich von einem gut aussehenden Schauspieler dargestellt wird, aber auch in den Büchern mit den gleichen perfekten Eigenschaften glänzt. Er findet immer die richtigen Worte für Gwen und tut einfach alles, um sie zu beschützen, so, dass man schon leicht an Romeo und Julia denken muss.
In anderen Büchern sieht es mit den männlichen Hauptpersonen nicht anders aus. Immerhin glänzt auch Four aus "Die Bestimmung" mit makellosen Aussehen und in den zuvor erwähnten "Die Tribute von Panem" - Büchern, besitzt auch Peeta einen mehr als liebenswerten Charakter. Genauso wie im Roman "Seelen", wo sogar zwei Jungs die perfekten Freunde sein könnten. 
Und das waren nur Fantasy-Romane, bei Liebesromanen sieht das ganze natürlich noch extremer aus. Insbesondere bei Colleen Hoover - Romanen, wo die Jungs nichts als perfekt sind. Vom Aussehen und Charakter her. Und die zahlreichen Bücher mit Vampiren im Mittelpunkt präsentieren natürlich auch nur die besten Romanzen. 
Die Realität sieht jedoch etwas aus. Man schaut sich um und findet keinen perfekten Gideon oder Edward. Trotzdem haben die zahlreichen Romane aus unseren Bücherregalen zur Folge, dass wir zu hohe Ansprüche in Bezug auf Jungs entwickeln. 
Wenn wir immer nur von dramatischen Liebesgeschichten lesen, in denen der Freund mehr als perfekt ist, träumen wir auch von solch einer Romanze und das obwohl wir wissen, dass die Chance so eine zu bekommen der gleicht, in einem Lotto zu gewinnen, denn Jungs und Beziehungen sind niemals perfekt. 
Warum lassen wir uns dann aber so sehr von Büchern oder auch Filmen mitreisen, die eine fast nahezu perfekte Lovestory auftischen? 
Das liegt nicht nur daran, dass man beim Lesen selbst für die männlichen Protagonisten schwärmt. Es ist auch nicht nur der Wunsch, selbst so jemanden zu finden, obwohl man weiß, dass das nicht passieren wird.
Etwas anderes spielt die entscheidendste Rolle dafür, dass man von so einer Beziehung wie sie in vielen Büchern dargestellt wird, träumt. 
Die Beziehung von Protagonisten in Büchern erscheint immer als Ideal und unendlich stark, weil sie unter "nicht normalen" Voraussetzungen entsteht. Gideon und Gwen sind beide Zeitreisende und müssen am Ende um Leben und Tod kämpfen. Edward ist nun einmal ein Vampir und Laurel und Tamani (Elfenkuss-Reihe) beides Elfen, die zwischen zwei Welten stehen. Natürlich erscheint unter solchen Voraussetzungen eine Liebesbeziehung spannender und der Junge perfekt. 
Und Liebesromane sind ja nur so spannend, weil es in diesen sehr viel Drama gibt, das sich zwar in der Realität abspielt, aber diese nicht unbedingt wiederspiegelt. Man weiß auch, dass es nicht realistisch ist, liest es aber trotzdem, weil man dadurch, aus seiner eigenen Realität für einen Moment fliehen kann. 
Und um ehrlich zu sein, ist die Liebe nicht das Einzige, das  perfekt dargestellt wird. Auch andere Dinge sind es, wie z.B. Familien. Wie oft habe ich schon über die perfekte Bilderbuchfamilie gelesen, in der einfach alles einwandfrei funktioniert, obwohl im echten Leben keine Familie so wie aus einem Bilderbuch erscheint?
Das führt dazu, dass wir uns nicht nur nach einem perfekten Freund sehnen, sondern allgemein nach dem Leben eines Buchprotagonisten. Denn während wir ganz normal zur Schule, Arbeit oder Uni gehen, kämpfen in Büchern Personen gegen das Böse oder müssen herausfinden, dass sie in Wirklichkeit Dämonenjäger oder Vampir sind. 
Das erscheint oft spannender als unser normaler Alltag. Trotzdem verliert man sich in Bezug darauf nicht so sehr, wie in Bezug auf die Liebe, vielleicht weil diese näher erscheint und im Gegensatz zu Fabelwesen auch in unserer Welt existiert. Somit ist es einfacher, sich nach dieser zu sehnen, als danach gegen das Böse kämpfen zu müssen.
Ich möchte dabei nicht alles aus einer Sicht betrachten, denn natürlich gibt es auch Geschichten, in denen die Liebe und der damit verbundene Freund als nicht unbedingt perfekt dargestellt wird. So kann ich mich zum Beispiel noch gut daran erinnern, dass Four aus "Die Bestimmung" charakterliche Makel zeigt und überhaupt die Beziehung von ihm und Tris nicht immer einwandfrei verläuft. Quentin aus "Margos Spuren" wird auch nie als perfekt aussehend beschrieben und bekommt trotzdem seinen Kuss von Margo. 
Und genau das bringt alles der Realität näher und macht mir eine Geschichte sympatischer. Wenn man von der Nichtperfektion liest, die dem echten Leben näher kommt und in der man sich verstanden fühlt.
Natürlich ist es auch schön von dem perfekten Liebespaar mit dem fürsorglichen umwerfend aussehenden Freund zu lesen, um zu Lächeln oder Träumen, aber manchmal braucht man auch eine Prise Realität. Und um ehrlich zu sein, sind es gerade die realistischen Geschichten, die einen berühren, weil sie eben echt wirken und man sich in diesen wiederfinden kann.
Vielleicht muss es einfach mehr Geschichten über unperfekte Jungs geben und Beziehungen, die etwas mehr Makel beinhalten. Aber gleichzeitig, werden die Zahlen dieser immer niedrig bleiben, denn es ist schwierig, neben dem Erzählen vom Weltretten und den damit verbundenen Dramen auch noch eine komplizierte Beziehung zu beschreiben. Da ist es einfacher, diese ist problemlos und bietet die Konstante für den Roman.
Und um ehrlich zu sein, würde mir eine Bücherwelt, ohne unschlagbare Paare, wie Gwen und Gideon fehlen, denn es tut gut mal in der Welt dieser zu versinken. Außerdem geht bei mir nichts über die Filmabende mit Freundinnen, wo wir alle mitfiebern, wenn ein Mädchen und ein Junge endlich zusammenkommen oder uns über einen Freund aufregen, der nicht der Richtige ist. Das sind unvergessliche Momente der Freundschaft und wenn süße Romanzen aus Büchern oder Filmen die Freundschaft stärken, haben sie doch auch etwas Gutes an sich, oder ;). 
Man muss nur wissen, dass die Realität anders aussieht und auch eine Beziehung, ohne den Kampf gegen das Böse oder viel Drama schön sein kann, sobald man seinen Prinzen gefunden hat. 

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