Donnerstag, 21. März 2024

Weiße Wolken, Yandé Seck

Copyright: KiWi

 Informationen:
Titel: Weißen Wolken
Autor/in: Yandé Seck
Verlag: KiWi
Seitenzahl: 352
Preis: 23,00 € 
Link: hier


 Inhalt

Dieo und Zazie sind Schwestern, könnten aber nicht unterschiedlicher sein. Dieo ist Mutter von drei Söhnen und lebt zusammen mit ihrem Mann in einer schönen Altbauwohnung im Frankfurter Nordend. Sie leidet unter den Ansprüchen der Gesellschaft an Mütter, aber auch an der Kritik ihrer kleinen Schwester Zazie. Ihr weißer Mann Simon gerät auch immer wieder ins Visier seiner Schwägerin, die immer mehr an Rassismus verzweifelt. Als die beiden Schwestern unerwartet nach Senegal reisen müssen, werden sie mit ihren eigenen Wurzeln konfrontiert.

Meine Meinung

Trotz der schwierigen Themen und erdrückenden Gedanken, liest sich Weiße Wolken leicht. Das liegt zum einen an Yandé Secks lockeren und flüssigen Schreibstil und zum anderen an den realistischen Erzählungen des Alltags der drei Hauptpersonen. Dieo, Zazie und Simon wirken wie Menschen, die man aus seinem eigenen Alltag kennen könnte. Das macht sie nahbar und führt zu vielen Momenten, in denen man sich auch selbst wiederfinden kann.

In ihrem Debütroman spricht Yandé Seck einige wichtige Themen an. Vor allem Rassismus steht im Fokus und durch Zazie wird deutlich, wie tief dieser in der deutschen Gesellschaft verankert ist und wie sehr es einen verzweifeln kann, wenn man ihn von klein an erlebt und auf Unverständnis stößt. Zazie ist eine aufgeweckte junge Frau, die auch vor der eigenen Familie nicht davor zurückschreckt, auf Probleme aufmerksam zu machen. Ihre Gedankengänge und Dialoge, die sie anreißt, sind sehr wichtig und haben mich zum Nachdenken angeregt. Es wird einfach deutlich, dass auch scheinbar harmlose Dinge rassistisch und verletzend sein können.

Ihre Schwester Dieo verliert sich zwar weniger in gesellschaftskritischen Themen, aber hat als Mutter von drei Söhnen auch mit anderen Problemen zu kämpfen. So gut es geht meistert sie ihren Alltag und bildet sich beruflich weiter, aber hat trotzdem das Gefühl nicht gut genug zu sein. Ihre Gefühle werden sehr anschaulich und ihre Situation nachvollziehbar beschrieben. Es ist super spannend zu sehen, wie unterschiedlich sich zwei Schwestern entwickeln können und zu was für Konflikten das führen kann. Schön dafür ist, dass trotz allen Schwierigkeiten immer die Liebe für die eigene Familie zu spüren ist und über allem steht.

Interessant habe ich auch gefunden, dass es Kapitel aus Simons Sicht gibt. Diese werfen einen anderen Einblick auf die Themen und Familienkonflikte seiner Frau, zeigen aber auch, dass an mittelalten weißen Männern nicht alles spurlos vorbeigeht.

In dem Buch passiert ehrlich gesagt nicht viel, sondern wird größtenteils der Alltag der Charaktere beschrieben. Dennoch hat es eine Sogwirkung, sodass ich immer weiterlesen wollte. Ich denke, dass gerade dieses Alltägliche das Buch besonders macht und deutlich wird schon beim Klappentext, dass es hier nicht um fesselnde Spannungsbögen, sondern das Ansprechen wichtiger Themen geht. Klar wird zudem, dass die Schwestern trotz ihrer Diskriminierungserfahrungen auch Privilegien genießen, wie ihr Bildungshintergrund zum Beispiel zeigt. Verdeutlicht wird dadurch, wie vielschichtig die behandelten Themen sind.

Mir hat das Buch somit gut gefallen und ich finde, dass wie bereits erwähnt einige wichtige Themen angesprochen werden. Dennoch muss ich zugeben, dass ich mir manchmal mehr Tiefe gewünscht hätte. Die Themen sind zwar wichtig, aber die Dialoge zu diesen wirkten auf mich manchmal aufgesetzt und unnatürlich. Oft lenkt Zazie nämlich direkt in die kritische Richtung, dabei unterhält man sich im Alltag nicht nur über schwierige Themen oder wie in einem Uniseminar. Gerade bei Zazie hätte ich mir gewünscht, dass man noch mehr Facetten von ihr als ihren Frust kennenlernt. Dieo wirkt in Bezug darauf etwas vielschichtiger. Gegen Ende hat sich das, finde ich, zwar gebessert und man lernt Zazie aus einer neuen Perspektive kennen und erfährt mehr über ihren Umgang mit ihren Wurzeln, aber das wurde leider etwas schnell abgehandelt. Auch die Bezüge zu aktuellen Ereignissen und Popkultur fand ich etwas zu viel, weil das auf mich überladen gewirkt hat und Bücher weniger zeitlos macht - das ist aber Geschmackssache.

Weiße Wolken habe ich dennoch gerne gelesen und finde, dass es insgesamt trotz meiner kleinen Anmerkungen gut gelungen ist und unterschiedliche Familiendynamiken sowie ernste Themen sehr gut darstellt. Zum Nachdenken regt es auf jeden Fall an.

Fazit

Wichtige in einer spannenden Familiengeschichte verpackte Themen mit realitätsnahen Charakteren - ein gelungenes Debüt, das zum Nachdenken anregt.

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