Sonntag, 27. Oktober 2024

Wir sehen uns am Meer, Dorit Rabinyan

Copyright: Kiepenheuer & Witsch

 Informationen:
Titel: Wir sehen uns am Meer
Autor/in: Dorit Rabinyan
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Seitenzahl: 384
Preis: 13,00 € 
Link: hier

 Inhalt

Die Jüdin Liat lernt in New York den Palästinenser Chilmi kennen. Die beiden verlieben sich ineinander, obwohl sie wissen, dass ihre Liebe eigentlich keine Zukunft hat...

Meine Meinung

Wir sehen uns am Meer ist keine leichte Lektüre. Der Klappentext klingt nach einer modernen Romeo- und Julia-Geschichte, aber das Buch beinhaltet viel mehr als Romantik. Es zeigt, wie sich politische Konflikte auf Einzelschicksale auslösen. Der Israel-Palästina-Konflikt ist aktuell wieder präsenter denn je und während er in den Medien weit weg scheint, vergessen manche, wer wirklich darunter leidet: Einzelne Menschen, die ihren Wurzeln nicht entfliehen können und durch diese ohne es zu wollen, Gewicht mit sich tragen.

Liats und Chilmis Geschichte könnte in New York harmlos funktionieren, wenn sie andere Wurzeln hätten. Die Chemie zwischen ihnen stimmt und sie passen durch ihre Interessen und Charakterzüge sehr gut zusammen. Für meinen Geschmack hat sich ihre Liebesgeschichte etwas schnell entwickelt, aber sobald sie ein Paar sind, versteht man warum es zwischen ihnen direkt funkte. Es ist schön von ihren glücklichen Momenten zu lesen, aber es liegt ständig eine Schwere in der Luft. Die innere Zerrissenheit und teils Schuldgefühle, die beide verspüren werden von der Autorin sehr gut geschildert, sodass ich mit beiden mitgelitten habe. Liats und Chilmis Geschichte lässt einen alles andere als kalt. Die Emotionen werden so stark beschrieben, dass man wörtlich in ihre Tragödie gerissen wird.

Rabinyan erzählt wie bereits erwähnt keine einfache Romanze, sondern nimmt sich in Wir sehen uns am Meer Zeit, um auf politische Themen einzugehen. Liat und Chilmi führen mehrere Gespräche über den Israel-Palästina-Konflikt und bringen ihre Sichtweisen mit ein. Diese Gespräche sind nicht leicht, sondern offenbare schwere Fakten und bringen beide an ihre Grenzen. Sie sind mit ein Grund dafür, warum ich für das Buch länger gebraucht habe, denn sie haben mich mitgenommen. Deshalb musste ich manchmal wieder zu einer leichterer Lektüre wechseln oder brauchte Zeit, um das Gelesene zu verarbeiten. Deutlich wird: Für den Konflikt gibt es keine einfache Lösung und er ist kompliziert und diejenigen, die darunter wirklich leiden sind nicht hochrangige Politiker:innen, sondern einfache Menschen.

Beim Lesen habe ich mich oft gefragt, wie das Buch ausgehen wird, da es unterschiedliche Möglichkeiten gibt. Rabinyan bleibt mit dem Verlauf des Buchs der Schwere ihrer Geschichte treu und verkauft kein Märchen, sondern die Realität - und diese kann manchmal mehr weh tun als man erwartet. Dafür zeigt sie, warum es wichtig ist bei schwierigen Themen nicht wegzuschauen - und vor allem eins: Dass man Menschlichkeit nie verlieren sollte.

Fazit

Keine leichte Lektüre, aber dennoch lesenswert. Deutlich wird, wie sich politische Konflikte auf Einzelschicksale auswirken.

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