Mittwoch, 17. Februar 2021

Kim Jiyoung, geboren 1982, Cho Nam-Joo

Copyright: Kiepenheuer & Witsch

 Informationen:
Titel: Kim Jiyoung, geboren 1982
Autor/in: Cho Nam-Joo
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Seitenzahl: 208
Preis: 18,00 € 
Link: hier


 Inhalt

Kim Jiyoung ist Anfang dreißig und hat ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern - so wie das von koreanischen Frauen erwartet wird. Bald jedoch zeigt sie seltsame Symptome: Sie schlüpft in die Rollen von Frauen aus ihrem Umfeld. Als sich die Psychose verschlimmert, schickt ihr Mann sie zu einem Psychotherapeuten. Dieser erzählt ihr Leben nach, das von Unterwerfungen und Frust geprägt ist. Ständig wurde ihr Verhalten von Männern überwacht. Ihr Vater gibt ihr die Schuld an nächtlichen Belästigungen, ihre Lehrer setzen strengere Schulunformen für Mädchen als für Jungs durch und ihr Mann denkt, dass sie sich um die Familie statt eine Karriere kümmern sollte.

Meine Meinung

Kim Jiyoung, geboren 1982 wird sehr nüchtern erzählt, aber geht aufgrund der brisanten Thematik dennoch unter die Haut. Vieles hat mich beim Lesen erschüttert und ich konnte aus dem Buch viel Neues lernen. Es zeigt nämlich, dass die Unterdrückung von Frauen viel weiter geht, als man zunächst annimmt. Es geht nicht nur um die Benachteiligung bei der Jobsuche, sondern auch um scheinbar kleine Fragen, wie z.B. warum es als normal angesehen wird, Kindern den Nachnamen des Vaters statt den der Mutter zu geben. 

Das Leben von Kim Jiyoung wird in fünf Abschnitten nacherzählt. Bereits in ihrer Kindheit wird deutlich, dass sie sich als Mädchen mehr gefallen lassen muss als Jungs - selbst in der eigenen Familie ist von keiner Gleichberechtigung die Rede, weil ihr Bruder anders behandelt wird. Kim Jiyoung schafft es an die Uni und findet später trotz anfänglicher Schwierigkeiten einen Job. Doch trotz ihrer guten Bildung bekommt sie immer wieder zu spüren, wie sich Männer über Frauen erheben und sich scheinbar alles erlauben dürfen. Selbst versteckte Kameras in der Frauentoilette werden heruntergespielt.

In dem Buch werden sehr unterschiedliche Facetten aufgegriffen, die verdeutlichen, wie groß das Problem ist. Es macht wütend und lässt einen über vieles nachdenken, weil es zeigt, dass selbst moderne Staaten wie Südkorea noch weit entfernt von Gleichberechtigung sind und viel getan werden muss, um diese zu erreichen. Immer noch werden Frauen in Rollen gedrängt, in die sie scheinbar gehören. Immer noch stellen sich Männer über diese. Immer noch müssen Frauen für ihre Rechte kämpfen. Von diesen Szenen zu lesen ist frustrierend, aber gerade das macht das Buch so stark und wichtig. Es lädt dazu ein über die Strukturen und scheinbaren Regeln in der Gesellschaft in Bezug auf die Geschlechter nachzudenken.

Das sind Probleme, die nicht nur in Südkorea existieren, sondern überall auf der Welt. Kim Jiyoungs Geschichte könnte auch die einer Frau in Deutschland sein. Sie wird so erzählt, dass man sich problemlos in ihr wiederfinden kann und die Situationen, in die Jiyoung gerät, sind alltäglich für Frauen: Von Männern, die Blicke missinterpretieren und Frauen die Schuld zuschieben bis hin zu dem Problem Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Kim Jiyoung, geboren 1982 bringt diese Probleme auf den Punkt und sollte von vielen gelesen werden.

Fazit

Ein Buch, das sich nicht davor scheut von der unschönen Wahrheit zu erzählen und zeigt, wie viel in der Gesellschaft noch getan werden muss, um die vollständige Gleichberechtigung von Frauen zu erreichen.

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